Gemeinsames Hirtenschreiben über die Mischehe (Teil 1)

Zeitdokument aus dem Jahr 1959

"Geliebte Diözesanen!
Aus der Presse und dem Rundfunk wißt ihr, daß auf der letzten Bischofskonferenz die Mischehe im Mittelpunkt unserer Sorgen und Beratungen gestanden hat. Die Zahl der Mischehen ist zu einer Hochflut angestiegen. Das Herz der Kirche blutet um Hunderttausende, die ihr verlorengehen. Wir Bischöfe können nicht länger schweigen. Würden wir weiter schweigen, wären wir keine guten Hirten. Wir wollen niemand wehetun. Unser Wort gilt nicht denen, die in einer Mischehe leben. Sie möchten wir herzlich bitten und mahnen: Tut in der Ehe als katholische Christen treu eure Pflicht! Laßt euren Glauben vor dem anderen Ehegatten stets liebenswert erscheinen! Handelt so, daß ihr vor Gott bestehen könnt! Das Wort, das wir in tiefer Hirtensorge sprechen müssen, gilt denen, die vor den Toren der Ehe stehen; es gilt auch den Eltern unserer heranwachsenden Kinder.

Wer vor der Mischehe warnt, stört nicht den konfessionellen Frieden. Auch nichtkatholische Religionsgemeinschaften beklagen die Mischehe. Auch sie wissen, daß die Ehe für die Begegnung der Konfessionen kein guter Boden ist. Wer in der Mischehe lebt, leidet mehr als andere unter dem Unglück des gespaltenen Glaubens, oft mehr, als er zu tragen imstande ist. Wer also vor der Mischehe warnt, hilft vor solchem Leid und seelischen Konflikten zu bewahren; er dient dem religiösen Frieden.

Einheit und Zwiespalt des Glaubens in der Ehe
Liebe Diözesanen! Die christliche Ehe ist das Abbild der Liebe Christi zu seiner Braut, der heiligen Kirche: Mann und Frau, in Liebe verbunden wie Christus mit seiner Kirche. Diese Liebe vermag nur dann die heilige und verklärende Kraft für das ganze Eheleben zu sein, wenn beide, Mann und Frau, eins sind im Glauben an Gott, an Christus und seine Kirche. „Was für ein Lebensband ist es doch, das zwei Gläubige umschließt zu einer Hoffnung, einem Gelübde, einer Lebensordnung, einem Dienst...“, so schrieb im 3. nachchristlichen Jahrhundert der Kirchenschriftsteller Tertullian. 'Beide dienen demselben Herrn. Sie beten zusammen, sie beugen zusammen ihr Knie, und halten das Fasten miteinander. Einer lehrt den andern, einer mahnt den andern, einer trägt den andern. Zusammen sind sie im Hause Gottes und beim Mahle des Herrn... Keiner verheimlicht etwas vor dem andern, keiner meidet den andern oder fällt ihm zur Last... Nicht verstohlen wird das Kreuzzeichen gemacht, nicht schüchtern das Dankgebet, nicht stumm der Tischsegen. Psalmen und Lieder erklingen zwischen den beiden, und sie wetteifern miteinander, wer dem Herrn am besten singe. Solches sieht und höret Christus und freuet sich. Er gibt ihnen seinen Frieden. Wo die beiden sind, da ist auch er. Wo er ist, da findet der Böse keinen Platz.'

So wurde vor 1700 Jahren die christliche Ehe besungen. Man stelle neben dieses Bild das Bild der Mischehe. Was jene Ehe vor 1700 Jahren im tiefsten trug und glücklich machte, das Einssein im Glauben, fehlt den Hunderttausenden von Mischehen unserer Tage. Mitten durch diese Ehen geht ein tiefer religiöser Riß. Was der eine Gatte glaubt und liebt, lehnt der andere ab: die heilige Beichte, das heilige Meßopfer, die heilige Kommunion, die Verehrung der Heiligen, das Priestertum, das Papsttum, das Beten für die Toten. Beide leben religiös in verschiedenen Welten, jeder einsam auf seinem Ufer. Sie spüren das und leiden darunter. Was tun sie? Was Menschen in solcher Lage tun: sie suchen über das, was sie in ihrer Liebe trennt, zu schweigen. Was heißt das? Da lebt in einer jungen Mischehe eine katholische Frau. Sie schaut in den Frühlingsabend und denkt, ob sie wie früher in die Maiandacht gehen soll. Sie geht nicht. Sie weiß ja, er hat dafür kein Verständnis, und sie will ihm nicht wehetun. In der Schublade liegen die religiösen Bilder ihres Jungmädchenzimmers. Wie gerne möchte sie die liebgewordenen Bilder an die Wand des neuen Heimes hängen! Sie tut es nicht. Sie weiß ja, er mag das nicht, und sie will ihm nicht wehetun.

Die Religion, die von Eheleuten gleichen Glaubens als stärkste Bindung, als Glück höchster Harmonie und tiefer Trost erlebt wird - sie wird in der Mischehe als Mißklang und Störung empfunden und versinkt dann mehr und mehr im Hintergrund. Ist das nicht eine furchtbare Tragik? Die Folgen für den katholischen Teil? Er spürt, wie ihm der warme Atem einer katholischen Atmosphäre fehlt. Er findet ja im andern Teil kein Echo, kein Verstehen und keine Stütze. Und dann nehmen nach einer erschüttternden Regel die Dinge ihren Lauf: ihm schwindet die Glaubensfreude, er wird müde und kälter; es folgen Gleichgültigkeit und Resignation. Und noch ein anderes wächst aus dem Zwiespalt des Glaubens.

Nach Gottes Willen soll die Ehe beiden Gatten Sicherheit und Trost, Rückhalt und Geborgenheit geben bis in die Todesstunde. Der katholische Teil glaubt, daß die Ehe sakramental und unauflöslich ist. Der evangelische Teil glaubt nicht an die Sakramentalität und urteilt anders über die Unauflöslichkeit. Sind nicht Protestanten weithin der Meinung, es sei kein Unrecht, sich scheiden zu lassen und eine neue Ehe zu schließen? Trägt nicht eine solche Auffassung eine weitere Unsicherheit in die Mischehe? Die Statistik sagt, daß Mischehen in besonderem Maße gefährdet sind und weit häufiger als andere Ehen geschieden werden."

 

 

Gemeinsames Hirtenschreiben über die Mischehe und die gemischte Bekanntschaft (Teil 2)

Zeitdokument aus dem Jahr 1959

 "Liebe Diözesanen!
Der Zwiespalt zwischen den Eltern wächst in die Kinder. Es kommt der Tag, da in der Seele des Kindes die Fragen aufzusteigen beginnen: 'Warum macht der Vater kein Kreuzzeichen? Warum betet er kein Ave Maria, keinen Engel des Herrn? Warum geht er nie in die heilige Messe? Warum hat er keinen Rosenkranz?' Auf den Weißen Sonntag fällt ein tiefer Schatten. Die katholische Mutter kniet mit dem Kind an der Kommunionbank. Der evangelische Vater steht abseits und schweigt. Die Kinder wachsen in die Jahre der Reife, und mit ihnen wachsen Unruhe und Glaubenszweifel. Beide, Vater und Mutter, sind den Kindern Autorität. Aber beide, Vater und Mutter, gehen vor den Kindern religiös auf verschiedenen Wegen. Und in der jugendlichen Seele bohren die Fragen: 'Was ist denn richtig? Welchem Elternteil soll ich folgen?'

Was sagt die Statistik über das Los der Kinder aus gemischten Ehen? Über die Hälfte dieser Kinder geht von vornherein der Kirche verloren; unter ihnen sind viele Kinder, deren Eltern vor der Trauung die katholische Kindertaufe und -erziehung feierlich versprochen haben. Und die Kinder, die katholisch getauft und erzogen wurden? Auch sie halten zum großen Teil nicht stand. In der dritten Generation - so haben genaue Beobachtungen ergeben - ist die Nachkommenschaft aus gemischten Ehen in der Regel nicht mehr katholisch.

Man wird fragen und mit Recht fragen, warum die Kirche trotz des strengen Verbotes der Mischehe und angesichts dieser Lage noch Mischehen erlaube. Wenn die Kirche keinem Dispens erteilen würde, wären die Dinge noch schlimmer. Viele katholische Christen würden in Eigenwilligkeit und Verblendung auf jene Verbindung nicht verzichten und sich mit einer nichtkirchlich geschlossenen Ehe begnügen. Die Folgen? Sie wären vom Sakramentenempfang und im Falle des Todes vom kirchlichen Begräbnis ausgeschlossen, und die Nachkommenschaft ginge dann sicher der Kirche verloren. Wenn die Kirche dispensiert, so ist das keine Billigung der Mischehe, sondern eine tiefschmerzliche Duldung, um größere Übel zu verhüten. Die Kirche handelt wie jene Mutter, die blutenden Herzens die Erlaubnis gibt, daß ihrem kranken Kind ein Glied abgenommen wird, um wenigstens das Leben des Kindes zu retten.

Die gemischte Bekanntschaft
Liebe Diözesanen!
Der katholische Christ, der die Mischehe und ihre Folgen in Ruhe überdenkt, wird sie aus innerster Überzeugung ablehnen. Auch der junge katholische Christ wird sie ablehnen, weil ihm alle Halbheit, gerade in dieser vielleicht wichtigsten Entscheidung seines Lebens zuwider ist. Wenn jedoch eine gemischte Bekanntschaft ihn innerlich bindet, gewinnen allmählich die Neigungen des Herzens, des Gefühls, des Gemütes die Oberhand. Die Liebe raubt ihm mehr und mehr die Klarheit des Denkens und treibt ihn in die Selbsttäuschung. Was heißt das? Da hat ein junger Katholik ein evangelisches Mädchen kennengelernt. Er glaubt, es sei alles in Ordnung, wenn dieses mit der katholischen Trauung und Kindererziehung einverstanden sei. Daß dann nicht alles in Ordnung ist, daß die Mischehe nach der erschütternden, allgemeinen Regel ein furchtbares Unglück bedeutet, sieht er nicht. Oder er ist vermessen genug, sich einzureden, für ihn werde schon die ersehnte, seltene Ausnahme zutreffen. Was er wünscht, glaubt er. Er verfällt dem tödlichen Irrtum jenes Bergsteigers, der im Angesicht des Gipfels jede Warnung ausschlägt und in falscher Einschätzung seiner Kräfte Unmögliches versucht. Worauf es also entscheidend ankommt? Daß die gemischte Bekanntschaft, die das klare Urteilsvermögen raubt, nicht angeknüpft wird! Hier tragen auch die Eltern eine große Verantwortung. Sie können nicht hindern, daß ihre Söhne und Töchter in den Betrieben, Büros und Fabriken Tag um Tag andersgläubigen Menschen begegnen.

Aber sie können in der katholischen Atmosphäre der Familie ihre Kinder so erziehen, daß wahre Glaubensfreude und eine tiefe Liebe zu Christus und seiner heiligen Kirche in die Herzen der Kinder hineinwachsen. Wer sähe nicht, daß dies das Allerwichtigste ist?! Dann werden ihre heranwachsenden Söhne und Töchter, bei aller Achtung für Menschen anderer Überzeugung, ihre Freizeit nicht wahllos in interkonfessionellen Gemeinschaften, sondern möglichst in Kreisen Gleichgesinnter, in katholischen Vereinen, Gruppen und Gesellschaften verbringen und dort Geselligkeit pflegen und Freundschaft suchen. Sie werden nicht leichtsinnig eine gemischte Bekanntschaft beginnen. Warum nicht? Weil sie in apostolischer Verantwortung spüren, wie sehr die Kirche unter den Mischehen leidet. Weil sie wissen, welchen Schmerz eine Mischehe ihren Eltern bereiten würde. Wenn aber der Glaube nicht warm ist, wenn ein Sohn, eine Tochter sieht, daß bei den Eltern das Bankkonto und die beruflich-gesellschaftliche Stellung der künftigen Schwiegertochter, des künftigen Schwiegersohnes mehr wiegen als die Einheit des Glaubens in der Ehe - wenn der Sohn oder die Tochter weiß, daß die Eltern zwar nicht gerade erfreut sein werden, aber dann doch die Dinge laufen lassen und wie so viele Ellern heute sagen werden: ‚Du bist alt genug und mußt selber wissen, was Du tust‘ -, ja, dann ist die verhängnisvolle Bahn frei für die gemischte Bekanntschaft und die gemischte Ehe. Eltern können in Pflichtvergessenheit ihre Mitverantwortung abschütteln, dem Gerichte Gottes aber können sie nicht entgehen.

Liebe Diözesanen!
Die Eheschließung ist einer der entscheidendsten Schritte im Leben eines Menschen. Die Wahl des Lebensgefährten und die Bindung an ihn entscheiden in hohem Maße nicht nur über den eigenen Glauben, sondern auch über Religion und Glauben von Kindern und Kindeskindern. Ihr alle, die ihr noch vor den Toren der Ehe steht, betet, daß ihr die Schwere eurer Verantwortung erkennt und in der Gnade Gottes die Kraft besitzt, den Weg zu gehen, den wir Bischöfe euch heute gewiesen haben.

In tiefer Hirtensorge haben wir Bischöfe diesen Weg erneut weisen müssen. Ihr wißt, worum es geht. Die Einheit des Glaubens in der Ehe lieben und den Zwiespalt des Glaubens in der Ehe fürchten! In unseren Städten und Dörfern muß wieder wie früher wahrhaft katholisch über die Mischehe gedacht werden. Jeder von Euch, ob alt oder jung, kann hier helfen: durch seine Gesinnung, durch sein Wort, durch sein Verhalten. Wer hier hilft, dient einem echten Apostolat; er dient der katholischen Ehe und Familie und damit der heiligen Kirche in unserem Vaterland.

Es segne euch der allmächtige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Bild von 1959
Textformatierung und Bildbearbeitung: Willi Joliet und Franz Bellinghausen
Quelle: Pfarrblätter Nr. 3 und 4 vom 02. und 10. Februar 1958
Zur Verfügung gestellt von Herbert Krämer, aus dem Nachlass von Pfarrer Hans Wichert

Raum: Katholische Kirche Vitrine: Pfarrblatt
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