Der Landsturm vom Siebengebirge

"Hoch oben auf der Westseite des Drachenfelsplateaus erinnert ein stolzes Denkmal an die Freiheitskämpfe 1813—1815, als die tapferen Siebengebirgler sich gegen die zurückziehenden napoleonischen Streitkräfte zur Wehr setzten.

Nachfolgend ein Bericht aus einem alten Heimatkalender, der in Kurzfassung das damalige Geschehen im siegrheinischen Raum wiedergibt:
 
„Ende November 1813, nachdem aufgrund des Ausganges der Schlacht bei Leipzig vom 16.—18. Oktober 1813 die Armeen Napoleons auf den Rhein zurückgingen, kamen die Bewohner des Siebengebirges und der Sieggegend zu einer Versammlung in Königswinter zusammen, um Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung zu treffen. Es wurde ein freiwilliger Landsturm gebildet, der sich schnell zum bergischen Landsturme erweiterte. Die Gesamtleitung lag in den Händen des Freiherrn von Hallberg-Broich zu Attenbach bei Hennef. Kommandant in Königswinter wurde der Maire von Königswinter, Freiherr von Schall und nach dessen Tode Graf Ernst zur Lippe in Oberkassel.

Der Landsturm war in Kameradschaften, Fähnlein und Banner eingeteilt. Jedes Banner erhielt eine Fahne. Noch manche Ortschaften in der Umgebung des Siebengebirges haben solche Fähnlein, deren Tuch aus weißer Seide zwei übers Kreuz gelegte Pfeile mit der Losung „Für Gott und Vaterland" trägt, pietätvoll aufbewahrt. So hing im Sitzungssaale des Rathauses zu Oberpleis bis vor einigen Jahren das Fähnlein des 5. Banners. Die Bewaffnung und Ausrüstung war zu Anfang denkbar primitiv. Woher sollten auch die Mittel genommen werden, um die große Zahl der Streiter fürs Vaterland einzukleiden und mit Waffen und Munition zu versehen? Und trotzdem mußte der Landsturm jederzeit einsatzbereit und schlagkräftig sein.

Um das zu erreichen, wurde folgende Instruktion herausgegeben: „Jeder Landsturmmann rüstet sich selbst aus. Ordonnanzmäßige Uniformen finden nicht statt. Das Zeichen des Dienstes ist im allgemeinen ein grüner Zweig auf dem Hute. Wer sich soldatisch herausputzen will und dazu die eigenen Mittel besitzt, mag es tun, sobald er ganz ausexerziert ist. Es wird die Erlaubnis dazu als Belohnung zugestanden. Offiziere und Führer werden durch eine Binde am Arm ausgezeichnet. Wem ein Schießgewehr fehlt, der nimmt den Spieß oder die Heugabel in die Hand. Außerdem muß jeder eine Haue oder Spaten oder sonst ein ähnliches Pionier-Instrument bei sich führen. Die Offiziere tragen im Dienste, ohne Ausnahme Seitengewehre von beliebiger Form. Die Führer statt diesem Äxte."

Man kann sich heute die buntscheckige Schar der tapferen Krieger, wie sie mit dem Sträußlein am Hute und der Mistgabel in der Hand gegen plündernde Militärabteilungen angingen, kaum noch vorstellen. Nach einiger Zeit jedoch wurde es mit Ausrüstung und Bewaffnung besser und der Landsturm bot doch ein etwas mehr militärisches Bild. Es kam schließlich sogar dahin, daß die Gemeinden den Landsturm auf ihre Kosten mit Lanzen ausrüsteten.
 
Mit Mut und Tapferkeit gingen die Landstürmer daran, das rechte Rheinufer vor den Einfällen der napoleonischen Streitkräfte zu schützen, und es hat manch harten Kampf gegeben, in dem die Siebengebirgler siegreich waren. Erst mit dem Abzug der letzten Franzosen aus Bonn und Köln im Januar 1814 und der endgültigen Deportation Napoleons auf die Insel St. Helena konnten die wackeren Landsturmmänner das Kriegswerkzeug an den Nagel hängen und sich wieder ihrer friedlichen und bürgerlichen Beschäftigung zuwenden."

Bild von 1965 (Bericht)
Textformatierung und Bildbearbeitung: Paul Winterscheidt und Franz Bellinghausen
Quelle: Heinz Wicharz: Dort wo die sieben Berge am Rheinesstrande stehn, Verlag Anton Uelpenich Oberpleis, o.J.
Zur Verfügung gestellt von Paul Winterscheidt


Galerie: Dort wo die sieben Berge ... (Schrift)
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