Ein Leben ohne Fleisch und Wurst ist denkbar aber ohne Biss - Fleischerei Faßbender, Eudenbacher Straße 108 - Das Geschäftsschild ist alles, was von der Fleischerei Faßbender übriggeblieben ist

In den Räumen des Kolonialwarengeschäfts von Anton und Peter Radermacher an der Unterdorfstraße/ Ecke Eudenbacher Straße, die nach dem Zweiten Weltkrieg – weil die Schule zerstört war - von 1946 bis 1950 als Unterrichtsraum für einen Teil der Oberhauer Grundschüler dienten, gründete im Jahre 1953 ein Neffe der beiden Radermachers, der Kölner Fleischermeister Anton Radermacher, eine gut gehende Metzgerei. Seine Tochter Christa, die in der Siegburger Metzgerei Wolter eine Lehre als Fleischereifachverkäuferin absolvierte, lernte dort 1961 Josef Faßbender kennen. Dieser stammte aus Uckerath, hatte in Oberdollendorf das Metzgerhandwerk gelernt und sammelte in Siegburg – danach auch noch in Buchholz - weitere Berufserfahrungen. Nach der Meisterprüfung im Februar 1964 trat er in das Geschäft seines Schwiegervaters in spe ein. 

1965 wurde geheiratet und im Laufe der Zeit stellten sich drei Söhne – Stefan, Axel und Torsten - ein. Familie Faßbender wohnte im Anbau über der Wurstküche, während das Ehepaar Radermacher parterre neben dem Laden wohnte und in der ersten Etage über dem Geschäft Mieter einquartiert waren. Anstatt sich mit dem gewohnten Angebot althergebrachter Wurst- und Fleischprodukte zu begnügen entwickelte Josef Faßbender neue Ideen und führte beispielsweise neue Wurstsorten ein und richtete er sich vor allem nach den Wünschen der Kunden. Zum Service der Fleischerei gehörte schließlich auch freitags und samstags die Belieferung von Kundschaft mit dem Auto. Außerdem wurden im Laden zusätzlich zu den Fleisch- und Wurstwaren Eier, die von einem Geflügelhof in Dahlhausen stammten, verkauft. Im Laufe der Zeit wurde der Laden immer größer, die Kundschaft auch. Außer Josef Faßbender und seinem Schwiegervater arbeiteten noch ein Geselle, ein Lehrling und Ehefrau Christa mit. Als Anton Radermachers Kräfte nachließen, übernahm sein Schwiegersohn am 1. Januar 1972 die Fleischerei und knapp eine Woche später starb Radermacher. 

Josef Faßbender baute das Geschäft weiter aus und begann mit Hilfe der Söhne einen Party-Service aufzubauen. Der älteste Sohn, Stefan, erlernte ebenfalls das Fleischerhandwerk; Axel absolvierte eine Konditorenlehre und anschließend eine Ausbildung zum Koch; Torsten durchlief ebenfalls eine Ausbildung zum Koch und bildete sich weiter zum Betriebswirt im Cateringbereich - und alle drei halfen fleißig im Familienbetrieb mit.  

Das Geschäft lief gut, das Angebot wurde begeistert angenommen und mit der Zeit stellten sich immer mehr Großkunden ein, wie etwa die Landesvertretungen von Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein in Bonn. Auch Prominenz wie Landrat Franz Möller und Minister Hans-Friedrich Genscher gehörte zu seinen Stammkunden.  „Als der Veggie (Vegetarier-) Boom einsetzte, haben wir uns darauf eingestellt und auch vegetarische Buffets angeboten“, erinnerte sich Josef Faßbender. So wurden etwa bei einer Veranstaltung der Bonner Humboldt-Stiftung, die Faßbender 28 Jahre lang belieferte, ein „normales“ Buffet für 1.200 Personen und ein vegetarisches Buffet für 400 Personen zusammengestellt. 1979 fuhr er noch bei der Versteigerung des Hotel-Inventars auf dem Petersberg (vor dem Umbau durch die Bundesregierung) mit einem Imbisswagen vor, 1989 übernahm er das Catering beim Richtfest des Maritim-Hotels in Königswinter und 1991 beim Richtfest des Bonner Hauses der Geschichte. Ein großer Erfolg war auch das Skandinavische Fischbuffet, das er in sein Buffet-Angebot aufgenommen hatte: Zum Abschiedsfest der Landesvertretung Schleswig-Holstein wurde es prompt für 400 Personen geordert.  Nach dem Umzug der Regierung - und somit auch der Landesvertretungen - nach Berlin ging der Jahresumsatz allerdings stark zurück und Faßbender musste einen Teil des Personals entlassen. In Spitzenzeiten hatte er etwa 20 Mitarbeiter inklusive Aushilfen beschäftigt. Nun half die Verwandtschaft verstärkt mit.  

Josef Faßbender hatte 1975 im Keller einen zusätzlichen Kühlraum sowie einen Gefrier- und einen Pökelraum eingerichtet und Ende der 1970er Jahre das Dachgeschoss des Hauses ausgebaut, worauf weitere Umbauten folgten. Unter anderem wurde im Laden 1987 eine neue Theke installiert und eine neue Gewerbeküche geplant. Doch dann kam „der große Knall“: eine Gasexplosion, bei der Sohn Stefan schwer verletzt wurde, zerstörte am 18. September 1989 das Gebäude. Die gesamte Seitenfassade des dreistöckigen Hauses stürzte ein. Familie Faßbender ließ sich nicht entmutigen und begann schon bald mit dem Neubau. Und nebenbei lief das Geschäft, wenn auch in kleinerem Rahmen, weiter. Das Schlachthaus und die Wurstküche standen noch und konnten genutzt werden. Zudem durften Faßbenders für knapp ein Jahr die Räume der ehemaligen Metzgerei Weber in der Nachbarschaft nutzen, während an der gegenüberliegenden Straßenseite der Neubau entstand. Bereits am 10. September 1990 konnte unter großer Anteilnahme der Oberhauer Bevölkerung Neueröffnung gefeiert werden. Der Männerschor sang, der Musikzug der Feuerwehr spielte und sogar die Zunftfrauen aus Oberpleis gratulierten dem Prinzenpaar von 1988/ 89. Den Tag der Neueröffnung nutzte Familie Faßbender mit ihren sieben Angestellten bei einem „Tag der offenen Tür“ die nach modernsten Richtlinien eingerichtete Fleischerei mit 32 Quadratmeter großem Laden und die mit neu installierten Maschinen eingerichteten neuen Produktionsräumen vorzustellen.

Josef Faßbender gehörte dem Fleischer-Innungsvorstand Bonn/ Rhein Sieg an und, nachdem er 1970 einen entsprechenden Lehrgang in Kulmbach absolviert hatte, auch zum DLG-Prüfungsausschuss. Mit diesem war er häufig auf Reisen um deutschlandweit Prüfungen durchzuführen. Zu den dabei anwesenden Veterinären pflegte er stets gute Beziehungen. 

Er wurde er auch selbst mehrfach für seine Produkte ausgezeichnet und gewann so etwa 30 Medaillen. Gerne erzählt er von seiner ersten Teilnahme an einer Prüfung, bei der Wurst- und Fleischwaren aus Belgien, den Niederlanden und Frankreich geprüft wurden, in den 1990er Jahren in Amsterdam. Dort erlebte er eine große Überraschung: für seine „feine Leberwurst“ erhielt er die höchste Auszeichnung, den Goldenen Pokal. Zwei Brüder aus der ehemaligen DDR, die er bei der Veranstaltung kennengelernt hatte, erbaten sich sein Rezept und da eine Fleischerei in der Nähe von Dresden für ihn keine Konkurrenz bedeutete, erhielten sie es auch.

Auch in der knappen Freizeit ist Josef Faßbender rege. Seit 1981 singt er im Männerchor Quirrenbach – jetzt: gemischter Chor „Oberhauer Klänge“. Auch der Karnevalsgesellschaft „Spitz pass op“ gehört er an; von 1982 bis 1990 führte er sie sogar als erster Vorsitzender an, regelmäßig war er in der Bütt zu sehen und zu hören und in der Session 1988/1989 regierte er mit seiner Frau Christa als Oberhauer Prinzenpaar Josef II. und Christa II. die Jecken rund um Eudenbach. Christa Faßbender starb 1999 plötzlich. Doch Josef Faßbender fand ein neues Glück und seine zweite Frau Danuta, mit der er 2002 Hochzeit feierte, half sogar auch im Geschäft mit. Nachdem jedoch die Konkurrenz der Supermärkte und Discounter immer mehr zu schaffen machte, entschloss sich die Familie 2012 die Fleischerei aufzugeben. Sohn Stefan, der bis 2007 das Geschäft mitgeführt hatte und als Innungsvorstandsmitglied auch Prüfungs-Vorsitzender war, wurde nach einer Umschulung 2008 Berufsschullehrer und schließlich Leiter der Fachausbildung am Carl-Reuther Berufskolleg in Hennef. Zufrieden blickt Josef Faßbender zurück: „Ich habe im Leben zwar einiges Pech, aber auch viel Glück gehabt. Ich würde den gleichen Weg wieder gehen.“ 

Zur Galerie: Fleischerei Faßbender in Eudenbach - siehe Link unten.

Bild von 2025
Scan und Bildbearbeitung: Christa Gast und Franz Bellinghausen
Zur Verfügung gestellt von Christa Gast, freie Journalistin: Foto und Text

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Raum: Gewerbe Vitrine: Handel, Handwerk, Dienstleistung
Raum: Aus den Dörfern ringsum Vitrine: Eudenbach
Galerie: Fleischerei Faßbender in Eudenbach
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Datensatz 19282 wurde zuletzt bearbeitet von fb am 10.03.2025 um 09:07 Uhr
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