Über die Entstehung des Mathildenheims sind bisher nur mündliche überlieferte Aussagen bekannt. Es handelt sich um eine in zwei Bauabschnitten errichtete Villa. Der ältere linke Teil, ein mehrstöckiger Wohnturm mit Zinnenkranz und einem Anbau, ist wohl um 1872 – 1875 errichtet worden. Das Gebäude soll von einem Fabrikanten aus dem Bergischen Land als Sommersitz für seine Familie gebaut worden sein. Nach dem Tod seiner Ehefrau und eines Kindes verkaufte der Besitzer um 1900 das gesamte Anwesen.
Neue Besitzerin war um 1903 eine Frau Döring, eine ev. Pfarrers-Witwe, die sehr vermögend war. An den Wohnraum anschließend ließ sie durch den hiesigen Bauunternehmer Neuhöfer um 1903 einen großen zweistöckigen Neubau errichten, vorgesehen als Mädchenpensionat und "Höhere-Töchter-Schule".
Aus dieser Zeit stammte wohl auch das seitlich und näher zur Straße hin stehende Kutscherhaus mit Stall und Wohnung für den Kutscher, das auf alten Bildern noch zu erkennen ist. Vor dem Gebäude war ein kleiner Park angelegt, mit Teich und Springbrunnen, alles zur Straße hin abgeschirmt mit einem Gitter, in der Mitte eine repräsentative Toreinfahrt.
Dieses Vorhaben "Höhere-Töchter-Schule" kam dann doch nicht zur Ausführung, statt dessen fanden dann mehrmals jährlich „rauschende Feste“ statt, veranstaltet für den Neffen der Besitzerin, einen Herrn Schmölling, Offizier bei den Bonner Husaren, und seinen Anhang.
Frau Döring soll als Erste im Ort ein Auto besessen haben, der Fahrer war Herr Meis aus Sand.
Um 1912 wurde die Villa verkauft. Neuer Besitzer war Capitän Colledani mit seiner Familie. Es sollen sehr vornehme Leute gewesen sein. Nach dem ersten Weltkrieg sollte in den großen Kellerräumen, wohl aus wirtschaftlichen Gründen, ein Betrieb zur Herstellung von kandierten Früchten eingerichtet werden. Die kupfernen Kessel waren von dem Oberpleiser Kupferschmied Franz Vogt angefertigt worden. Darüber, ob es aber zu einer Produktion gekommen ist, liegt nichts vor. In den zwanziger Jahren wurde das Kutscherhaus abgerissen.
Um 1934 wurde die Villa mit Park, Teich und großem Garten an die Deutsche Reichsbahn, Bezirksdirektion Essen, verkauft. Das Haus wurde neu eingerichtet und bis Mitte des letzten Krieges als Erholungsheim für Kinder der Angestellten und Arbeiter der Bahn genutzt. In der ersten Zeit nach dem Krieg waren dort auch Büros der Amtsverwaltung untergebracht. Danach diente die Villa wieder als Kinderheim, bis diese soziale Einrichtung um 1966 von der Bahn aufgegeben wurde.
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Kurze Zeit später stand das Anwesen mit Villa, Park und großem Hintergelände zum Verkauf und konnte 1969 nach langwierigen Verhandlungen von der Gemeinde Oberpleis für 620 000,-- DM erstanden werden. Bei den Verhandlungen konnte der damalige Amtsdirektor Meurer noch nachweisen, dass ein Teil der Villa wesentlich älter war als das von der Bahn angegebene Baujahr 1900. Zudem soll auch eine Besprechung mit Essen auf dem Ölberg den Preis mitgestaltet haben.
Nach dem Erwerb durch das Amt Oberpleis wurde das Gitter an der Dollendorfer Straße mit dem Eingangstor entfernt. Die Räumlichkeiten wurden als Klassenräume für die zu klein gewordene Grundschule und die neu eingerichtete Realschule gebraucht. Der Park wurde dadurch für die Öffentlichkeit zugänglich, und der Weg zur Villa wird seitdem als Verbindung zwischen Schulzentrum und Dollendorfer Straße genutzt. Heute ist die Villa vermietet. Infolge des Pflegenotstandes für öffentliche Grünflächen wurde der Teich mit Springbrunnen eingeebnet.
Wer namengebend für das Mathildenheim war, ist nicht überliefert.
Die Villa steht unter Denkmalschutz und ist im Denkmalbuch der Stadt Königswinter beschrieben.
Die Geschichte des Mathildenheims erzählte mir Josef Neuhöfer aus Oberpleis. |