Die Landschaft um Oberpleis

Geschichtliches, Erzählungen und wahre Begebenheiten aus dem tausendjährigen Oberpleis, von Heinz Wicharz, XIII. Folge

"Im Januar dieses Jahres veröffentlichten wir die 12. Folge des Heimatberichtes „Die Landschaft um Oberpleis" von Hauptlehrer i. R. Herrn Gottfried Emans. Seit dieser Zeit ist es still geworden um die Heimatgeschichte von Oberpleis. Das soll in der Zukunft anders werden. Die Siebengebirgs-Zeitung wird unter dem obigen etwas geänderten Titel zahlreiche Schilderungen namhafter Autoren wiedergeben. So hat sich freundlicherweise der uns allen bekannte, heute in Köln im Ruhestand lebende Dichter, Herr Professor Dr. Werner Heinen, bereiterklärt, Erinnerungen, Erlebnisse und Begebenheiten aus seiner Jugendzeit, die er in seinem geliebten Heimatort Oberpleis verbracht hat, niederzuschreiben. Ferner veröffentlichen wir Beiträge von Hauptlehrer i. R. Herrn Gottfried Emans aus der Stadt Blankenberg und Herrn Johann Bennerscheid aus Eisbach. Außerdem werden wir aus dem reichen „Schatz" heimatkundlicher Erzählungen und Berichte, die der ehemalige, unvergessene Hauptlehrer Schonauer aus Thomasberg hinterlassen hat, zitieren. Wir hoffen damit unseren Oberpleiser Heimatfreunden künftig eine große Freude zu bereiten, indem wir das Alte, das längst Vergangene wieder zu neuem Leben erwecken.
 
In der 12. Folge war im letzten Abschnitt vom „Rhentbuch des Amtes Blankenberg" die Rede. Dieses kostbare Buch enthält sehr wichtige Angaben die unsere Oberpleiser Heimat betreffen. Im weiteren Verlauf unseres Heimatberichtes werden Namen und Begriffe auftauchen, die einer näheren Erläuterung bedürfen. Darum bringen wir zunächst eine ausführliche Beschreibung von Herrn Hauptlehrer Gottfried Emans zum Rhentbuch des Amtes Blankenberg In der „Heimatschau" im Katharinenturm von Stadt Blankenberg wird im Tresor das sog. „Rhentbuch" des Amtes Blankenberg aufbewahrt. Der Name sagt, dass darin durch den Rhentmeister und einen Comissar alle Einnahmen Ihrer Fürstlichen Durchlaucht (Ihrer f. Dchl.) aufgezeichnet sind. Das Amt war deshalb in Kirchspiele (Kirspell) oder Pfarrbezirke aufgeteilt. Das Buch enthält eine Neuaufnahme aller Ländereien, Weinberge, Jagd- und Fischereigerechtsamkeiten, Zölle, Weg- und Fährgelder, und in Sonderheit alle adeligen Rittersitze, Klöster, Freihöfe, Sattel- und Heerwagengüter. Akzise, Zehnten, Schatz- und Brauloffgulden, Wachszehnt usw.

 Es war am Ende des furchtbaren dreißigjährigen Krieges und man brauchte zwei Jahre, um alle Güter usw. unter dem Vorsitz des Rhentmeisters und Comissars in Anwesenheit der Schultheiße, Scheffen und Geschworenen alle Dörfer und Gehöfte aufzusuchen und ihre Abgaben festzustellen. Schließlich mussten dann diese Eintragungen von den Schultheißen und Schöffen unterschrieben und vom Rhentmeister und vom Commissar besiegelt werden. Das Rhentbuch enthält 1 000 Seiten handschriftlicher Eintragungen. Davon entfallen auf das Kirspell Oberpleis die Doppelseiten von 156 bis 163 und Seite 443 und 487. — Der damalige Rhentmeister hieß Johannes Hillesheim — für Oberpleis ein bekannter Name. Ob er aber von hier stammte, ist nicht nachzuweisen. Der Commissar hieß Heinr. Rkoedinger. Das Amt Blankenberg unterstand dem Herzog von Jülich-Cleve-Berg mit seinem Sitz in Düsseldorf, und deren „Kammer" führte die Kontrolle über die Rhentbücher und deren Eintragungen. Ihr Vertreter, der oft im Rhentbuche seine Anmerkungen schrieb, unterzeichnete mit „Horst".

Der Klassenunterschied war damals recht groß. Den Hauptreichtum bildete der Besitz an Grund und Boden. Der oberste Grundherr war der Landesfürst. Dieser nahm einen Teil für sich in Anspruch. Den anderen Teil verteilte der Graf weiter an die Untergrafen, die wieder einen Teil für sich behielten, und den Rest bekamen die freien Bauern und die unfreien Bauern. Die unfreien Bauern zahlten den Zehnten und die anderen Abgaben, während die Freihöfe von den Abgaben befreit waren, dafür aber Heeresfolge leisten mussten, d. h, sie mussten im Falle einer Fehde oder eines Krieges mit ihrem Pferd für den Herzog ins Feld ziehen. Unter ihnen gab es Sattelhöfe, die einen Mann mit Pferd stellen mussten sowie Heerwagengüter, die zu mehreren einen „Heerwagen" mit zwei Pferden und zwei Mann stellen mussten. — Ein großer Teil des Bodens an Wald und Wiese blieb als „Allmende" zur Nutzung für die Allgemeinheit frei. So wurde jedem Hofe ein Los im Walde als Brenn- und Bauholz vom Markwart zugewiesen, ebenso ein Streifen, auf welchem der Bauer seine Schweine zum „Eckern", zur Mast treiben durfte. — So waren die Grundherren auch die Besitzer der Grundgerechtigkeiten über Wasser, Jagd, Fischerei, Zoll Fahr- und Geleitsgeld, über Erzgruben und Tonlager und über die Abgaben als „Zehnten", als Schatz und Brauloffgülden u. a.
 
 
Erklärung:
1. Das Hauptrecht war eine einmalige Abgabe beim Tode des Bauern, d. h. der Grundherr konnte je das beste Stück vom Großvieh nehmen. Dies scheint auf den ersten Blick sehr hart, aber es war wohl eine gerechte Steuer als Ersatz für die lebenslängliche Steuerfreiheit des Bauern.
2. Der Brauloffgulden, eine einmalige Zahlung bei Gelegenheit einer Hochzeit.
3. Der Opferpfennig war eine Gebäudesteuer, die meist an einen Unternehmer verpachtet wurde.
4. Die Akzise war eine Verbrauchssteuer auf bestimmte Waren (Salz, Tabak).
5. Der Zehnt:
a) Der große Feldzehnt oder Getreidezehnt auf Roggen und Hafer,
b) Der kleine Früchtezehnt von Obst- und Gartenfrüchten, zuletzt auch von den Kartoffeln. Zur Bestimmung des Getreidezehnten wurde alljährlich      ein „Umritt" gehalten, der vorher in der Kirche bekannt gemacht werden musste. Es ritt dann (meist im August) eine Abordnung, bestehend aus      dem Rhentmeister, einem Schultheißen oder Schöffen und einem Vertreter der Geistlichkeit an den Getriedefeldern entlang und schätzten      Menge und Qualität der Ernte von jedem Acker. In ungünstigen Jahren wurde der Zehnt entsprechend verringert. Der große Getreidezehnt wurde      von der Kirche eingezogen. Man teilte ihn meist in vier Teile auf: 1 Viertel der Grundherr, 1 Viertel der Pfarrer, 1 Viertel die Kirche (Ausgaben zur      Erhaltung des Gottesdienstes) und 1 Viertel für die Armen der Pfarre.
c) Der Weinzehnt oder der nasse Zehnt vom Weinbau,
d) Der große Blutzehnt vom Großvieh an den Grundherrn,
e) Der kleine Blutzehnt vom Geflügel,
f) der Wachszehnt von der Bienenzucht,
g) Der Rottzehnt vom neugerodeten Wald an den Grundherrn.

Der Fruchtzehnt war nicht so hoch, wie man heute annehmen möchte. Lag doch ein Drittel des Ackerbodens brach (Dreifelderwirtschaft) und es war eine künstliche Düngung noch unbekannt. Es ist erstaunlich, wie wenig im Rhentbuche von den Schäden des Krieges vermerkt ist. Nur vereinzelt wird von einem verlassenen Hofe oder von einer verlassenen Mühle gesprochen. Es hat den Anschein, als ob die abseitige Lage des Kirchspiels von den Hauptkriegsstraßen den Feind ferngehalten habe."
 
 

Bild von 1966 30 (Bild 1973)
Bericht: Heinz Wicharz; Foto: Friedrich Sarrazin
Quelle: Siebengebirgs-Zeitung Nr. 41 vom 13.10.1967
Zur Verfügung gestellt von Willi Joliet; Scan: Anno Schoroth: Foto
Marker Heinz Wicharz

Raum: Ortsgeschichte
Raum: Presseberichte 1 (bis 1989) Vitrine: Siebengebirgs-Zeitung 1 (bis 1989)
Galerie: Burg Niederbach
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