Auf diesem Photo ist deutlich erkennbar, dass der alte Kirchturm bis zum zweiten Geschoß abgetragen werden musste, weil Helm, Glockenstube und Obergeschoß morsch, verwittert und baufällig geworden waren.
Die Bauarbeiten an der Propsteikirche in den letzten Jahren
Schon bei den umfangreichen Ausbesserungs- und Renovierungsarbeiten nach dem 2. Weltkrieg waren sich die Bau-Verantwortlichen darüber im klaren, dass die Kirche im Kern morsch und verwittert war. Damals fehlten allerdings die notwendigen Gelder für eine größere Renovierung. Besonders der Kirchturm wurde mehr und mehr zu einer erheblichen Gefahrenquelle. Die im Laufe der Jahrhunderte total verwitterten Steine lösten sich stückweise aus der Vermauerung, stürzten in die Tiefe und gefährdeten Kirchgänger und Passanten. Daraufhin wurde eine Schutzverschalung angebracht, bis im Frühjahr 1968 endlich mit dem 1. Bauabschnitt begonnen wurde. Zunächst wurde von einer Dürener Spezialfirma der völlig morsche Turmhelm abgetragen. Der Einfachheit halber zersägte man das faule Gebälk an Ort und Stelle und warf es den Turm hinunter. Nach eingehender Prüfung der Fachleute stellte man fest, dass das gesamte erste Geschoß einschließlich der Turmstube ebenfalls abgetragen werden musste, da die Vermauerung zwischen Innen- und Außenmauer morsch und verwittert war. Das erste und zweite Geschoß erwies sich nach entsprechender Bearbeitung noch als brauchbar.
Auf einer Wiese neben der Kirche wurde der Turmhelm Zusammengebaut Während die Dürener Baugesellschaft inzwischen mit Ziegelsteinen das oberste Stockwerk des Turmes wieder aufmauerte, begann ein Eifeler Natursteinwerk mit der Ausbesserung der Verblendsteine. Alle unbrauchbaren Trachyt- und Basaltlavasteine ersetzte man durch neue. Die noch verwendbaren Steine wurden auf ihrer verwitterten Oberfläche völlig neu scharriert, d. h. die manchmal recht eigenwilligen Verzierungen, wie tiefliegende Striche und Schraffierungen usw. mussten von Hand bearbeitet werden. Natürlich wurden die gesamten Arbeiten ständig von den verantwortlichen Architekten des Erzbistums, der Denkmalpflege usw. überwacht, um eine originalgetreue Wiederherstellung des Turmes zu erreichen. So wurden die Wappensteine mit ihren seltsamen Tierfiguren, die an der Westseite des Turmes angebracht sind, besonders sorgfältig bearbeitet Während beim 1. und 2. Geschoß des Kirchturmes teilweise noch die alten Verblendsteine verwendet werden konnten, musste das 3. Geschoß und die Glockenstube völlig neu mit Trachyt-steinen verblendet werden.
Zur Befestigung und Verbindung der Außen- und Innenmauern wurde der gesamte Turm mit insgesamt 480 Injektionsbohrungen versehen. In diese Bohrungen, die teilweise eine Tiefe von 1,20 Meter erreichten, wurden gedrehte Stahlanker eingesetzt und anschließend wurde ein Zementverfestigungsgemisch eingepresst. Insgesamt wurden hierfür über 300 Sack dieser Spezialmischung verbraucht. Inzwischen war die Firma Eugen Koch, Holzbau GmbH, aus Thomasberg, die den Auftrag zur Fertigstellung eines neuen Turmhelmes erhielt, nicht untätig geblieben. Das besonders imprägnierte Eichenholz wurde von einer Spezialfirma in Hamm an der Sieg geliefert, in Thomasberg auf die genauen Maße zugeschnitten und bearbeitet. Die Firma Koch entwickelte übrigens eine völlig neue Arbeitsweise in der sonst üblichen Art des Kirchturmbaues. Sie fügte die schweren Einzelteile des Turmhelmes auf einer Wiese neben der Kirche schon am Boden zusammen. Damit entfielen die gefahrvollen und schwierigen Arbeiten des Zusammenbaues in schwindelnder Höhe. Früher wurden nämlich die einzelnen Holzbalken zum Turm hochgezogen und dann zusammengefügt.
Die tonnenschwere Bodenplatte wird langsam und vorsichtig hochgezogen. Nach fünf Monaten war es dann schließlich soweit: der Turm war aufnahmebereit für seinen Helm. Am Freitag, dem 16. 8. und Samstag, dem 17. 8. 1968, herrschte ein hektisches Getriebe im Zentrum von Oberpleis. Ein mächtiger 70-t-Spezialkran war aus Köln angerückt, um den Turmhelm auf seinen endgültigen Standplatz zu bringen. Bis zum späten Freitagabend wurde der gewaltige Kran zusammengesetzt und aufgerichtet.Am Samstagmorgen gegen 8 Uhr begannen die schwierigen Manörierungen. Zunächst wurde die schwere Bodenplatte, das sogenannte Karrenrad.
Nachdem die Bodenplatte auf dem Turm verankert war, begann der schwierigste Teil der Montage: Der 26 Tonnen schwere Helm musste unversehrt zur Turmspitze hochgezogen werden. Hierzu war ein zweiter, kleinerer Kran notwendig, der mit dem fast 50 Meter hohen Spezialkran gemeinsam zunächst den Turmhelm anhob und ihn in die Senkrechte stellte. Erst dann wurde der Helm in stundenlanger Kleinarbeit hochgezogen, auf dem Kirchturm abgesetzt und verankert.
Während dieser gesamten Hebeaktion stand der Kranführer in Funkverbindung mit dem Dachstuhlerbauer, Eugen Koch, der von oben den gesamten Ablauf überwachte und dirigierte, auf dem die Spitze verankert werden sollte, hochgezogen. Die Bodenplatte musste auf einem hierfür besonders erbauten Stahlbeton-Ringbalken auf dem Turm befestigt werden. Zur Befestigung und zur gleichmäßigen Verteilung der Gesamtlast des Glockenstuhles und des Turmhelmes wurden übrigens zwei dieser Stahlbeton-Ringbalken eingebaut. Einer unterhalb der Balken des Glockenstuhles und einer oberhalb der Schalllöcher.
Nach über vierstündiger Arbeit stand der Helm endlich an seinem vorgesehenen Standort.  Anschließend wurde der Helm verbrettert und verschiefert und erhielt als krönenden Abschluss die große Kugel mit dem daraufstehenden Kirchturmshahn. Nach einigen weiteren Monaten Bauzeit wurde dann endlich das störende Baugerüst entfernt und der 800jährige Kirchturm der Oberpleiser Propsteikirche erstrahlte in neuerem, schönerem Glänze. Als dann bald darauf das klangvolle Geläute vom Kirchturm wieder ertönte, war die Freude der Oberpleiser groß. Fortsetzung folgt
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