Villa Meurer

Der Reigen der 1920er und 30er-Jahre-Villen in Oberpleis beginnt mit der Villa Meurer, Siegburger Straße. Sie wurde 1928/29 von den Brüdern Hermann und Jean Meurer gebaut, die seit 1919 einen Landhandel am Bahnhof Oberpleis betrieben (siehe Link). In der Villa wohnten dann Jean Meurer und die ledige Schwester Gretchen.

Der Architekt war Fritz Becker, ein Sohn des gleichnamigen Ringofen-Ziegeleibesitzers aus Niederpleis. Damit ist schon eimal klar, woher die zum Bau verwendeten Ziegelsteine stammen. Erwähnenswert ist auch, dass auf dem Rhein geflößtes Holz für den Dachstuhl verwendet wurde. Geflößtes Holz galt als besonders schädlingsresistent, und der Dachstuhl ist bis heute holzwurmfrei.

Zur Architektur im Art Déco Stil: Dieser Stil war in den zwanziger und dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts eine internationale Modeerscheinung in Design und Architektur. Im Art Déco verschmolzen Einflüsse von Kubismus, Futurismus und vor allem von Expressionismus. Auch in der Architektur sollten die baulichen Formen den Gefühlen der Menschen entsprechen. Der Einfluss des Bauhauses ist ebenfalls spürbar. Das Gebäude unterscheidet sich vom "Oma-Stil" des Historismus der Jahrhundertwende durch moderne Elemente wie Eckfenster und an den Gebäudekörper unsymmetrisch angesetzte Kuben mit Flachdach oder Dachbalkon. Bei diesem Baustil wirkt das Gebäude mit sämtlichen Teilen als Ganzes, sozusagen als Großskulptur.

Die heute altertümlich wirkende Villa war in den zwanziger Jahren ein absolut modernes Gebäude, das auch heutigen Wohnansprüchen noch ohne wesentliche Umbauten gerecht wird. Wie beim Art Déco Stil üblich, wurden im Innern zweckmäßig und bequem einander zugeordnete Räume geschaffen. Es gab von vornerein ein Bad, ein separates Gäste-WC und eine Zentralheizung.

Jean und Gretchen Meurer liebten es herrschaftlich: Von jedem Zimmer aus konnte man mit einem Klingelknopf in der Küche Servicebedarf signalisieren. Es klingelte nicht nur, sondern durch einen elektromagnetischen Mechanismus klappte ein Schildchen mit der entsprechenden Zimmernummer herunter. Diese Anlage war auch bei der Umwandlung der Villa in eine Pension (siehe Link) recht nützlich. Seit 1996 wird die Villa wieder privat genutzt.

Was ist eigentlich eine Villa? Eine Villa ist ein freistehendes, in allen Fronten architektonisch durchgestaltetes stattliches Wohnhaus. Sie steht in Verbindung zur Natur und ist umgeben von einem größeren gestalteten Garten. Dem Ganzen darf eine gewisse theatralische Erscheinung nicht fehlen. Voila!

Bild von 1997
Foto und Text: Werner Dahm
Marker Pleistalbahn am Oberpleiser Bahnhof - Marker Pension Oehring

Raum: Alte Villen Vitrine: Villa Meurer
Raum: Straßen Vitrine: Siegburger Straße
Dieses Bild wurde 2949 Mal angesehen
Datensatz 887 wurde zuletzt bearbeitet von ze/fb am 13.11.2017 um 14:27 Uhr
Nachricht Information / Anmerkung zum Bild verschicken