AMT OBERPLEIS - Geschichtliches

"Oberpleis, urspr. Pleysa - Pleys-aha. d. h. Pleis am Bache, Pleys von plyssen, d. h. glänzen, entstanden. Pleis weist also hin auf einen Ort, in dessen Nähe früher Bleiglanz gefunden und abgebaut wurde. Blei mhd. - bli, ahd. plio. Die Geschichte der Besiedlung des Amtsbezirkes reicht bis in die Urzeiten der Menschheit zurück. Bei Birlinghoven und Eudenbach gefundene Steinbeile, Schaber und Klingen bezeugen schon die Besiedlung in der älteren und jüngeren Steinzeit (10000 bis 2000 vor Christus). Der Birlinghofener Bronzefund - einer der seltensten im Kölner Bezirk - wurde bei der Anlage des neuen Schlosses in der Nähe der sogenannten Römerstraße gemacht. Es führte damals schon ein Weg vom Rhein in das dicht besiedelte Gebiet bei Niederpleis-Mülldorf-Siegburg. Zur Bronzezeit wohnten hier noch die Kelten. Von ihnen zeugt auch ein schöner Fund von 22 keltischen Goldmünzen (Regenbogenschlüsselchen) in Stieldorferhohn. Die Kelten wurden um 600 nach Christus von den Germanen verdrängt. Die Bewohner unseres Gebietes gehörten zum tapferen Stamme der Sigambrer.

Man vermutet bei dem Orte Bennerscheid in der Nähe von Oberpleis einen germanischen Ringwall. Zur Zeit der Römer führte eine römische Heerstraße von Oberkassel über Oberpleis nach Eitorf. Im ehemaligen Propsteigebäude wurde 1890 beim Ausgraben des Kellers ein spätrömischer Sarg gefunden, der jetzt unter der Kreuzigungsgruppe auf dem Friedhof steht. Schon zur Zeit Karls des Großen bestand in Oberpleis ein Schöffengericht, bei welchem 'Ritter von Pleisa' erwähnt sind. Zur frankischen Zeit gehörte Oberpleis zum Auelgau. Dieser reichte im Süden bis Linz, im Norden bis an den Deutzer Gau, im Westen bis an den Rhein.

In Urkunden des Mittelalters werden adelige Geschlechter: von Bellinghausen, von Busch, von Weiler, von Quirrenbach, von Ruitzendorf (Rauschendorf) und von Lautenberg genannt. Auf Burg Birlinghoven haben die Geschlechter derer von Markelsbach, Allner, Merode, Gymnich zu Vlatten und von Martial gesessen (Allianzwappen auf dem Steinkreuz an der Brücke 1735). Zur Zeit Karls des Großen (830) wird die Pfarre Stieldorf bereits erwähnt. 868 errichtet man schon die erste Kirche. Die Pfarre Oberpleis wird urkundlich 948 angeführt. In dieser Urkunde findet Oberpleis zum ersten Male als 'Pleisa im Auelgau' Erwähnung. Oberpleis gehörte im späten Mittelalter zum Amte Blankenberg, war aber der Gerichtsbarkeit des Abtes von Siegburg unterstellt.

Die Grafen von Sayn hatten außer der Feste Blankenberg auch eine Burg bei Oberpleis, welche 1268 zerstört wurde. Im Jahre 1121 wurde von der Abtei Siegburg in Oberpleis eine Propstei gegründet. Bis 1790, also rund 600 Jahre, sind 21 Pröpste für die Propstei Oberpleis urkundlich bestätigt. Die Propsteikirche mit ihrem kunsthistorischen Kreuzgang und dem sehr wertvollen Steinrelief in der Kirche wurde 1805 der Pfarrgemeinde als Pfarrkirche überwiesen. In den Wirren des dreißigjährigen Krieges wurden Burg Birlinghoven und die alten fränkischen Herrensitze geplündert und zerstört. In Preußens Unglücksjahren 1808 und 1807 bildete sich hier im Siebengebirge ein Selbstschutz, der Landsturm des Siebengebirges, an den eine alte Sturmfahne erinnert, die heute noch im Bürgermeisteramt als wertvolles Andenken an unsere wackeren Vorfahren aufbewahrt wird. Als Führer werden ein Hauptmann Meys, ein Oberleutnant Klasen und ein Unterleutnant Wolter genannt. Die gleiche Freiheits- und Heimatliebe bewies die Bevölkerung von Oberpleis, als im Jahre 1923 separatistische Räuber- und Mörderbanden in unsere Heimat einfielen. Ihnen war es darum zu tun, unsere Gegend, die zwischen den beiden Brückenköpfen Köln und Koblenz liegt, zu besetzen und dann die „Rheinische Republik“ auszurufen. Ihr Vorhaben brach unter der Gegenwehr unserer tapferen Männer zusammen - einst der Landsturm, jetzt die Separatistenabwehrkämpfer.

In der Geschichte von Oberpleis darf auch die Geschichte seiner Sturmglocke nicht vergessen werden, die in den Separatistenkämpfen zersprungen ist. Ihre Geschichte ist eng verbunden mit der Bevölkerung und der früheren Propsteikirche. Sie stammt aus dem Jahre 1442. Damals wünschten die Bauern eine Glocke. Da aber der Glockenstuhl ihres Kirchleins zu schwach war, wünschten sie die Glocke in den Turm der Klosterkirche aufzuhängen. Der Propst gab seine Zustimmung, aber dann solIte die Glocke auch den Mönchen gehören. Nun ließen die klugen Bauern heimlich folgenden Spruch eingießen: -Sum villanorum saltem, sed nun monachorum. Man sal mich ludin zum Sturm“ (ich gehöre den Bauern und nicht den Mönchen; man soll mich läuten zum Sturm). Beim Sturmläuten während der Separatistenschlacht zersprang die Glocke. Diese historische Glocke hat beim Bau unseres einzigartigen Kriegerehrenmals in diesem einen würdigen Platz gefunden. Links von ihr steht in Stein gehauen eine notleidende Mutter mit ihrem Kinde, darstellend Deutschlands Not, zur Rechten ein Bauer mit aufgerichtetem Blick und voll Hoffnung in die Zukunft schauend und einen Baum pflanzend, versinnbildend Deutschlands Aufstieg durch Fleiß und Arbeit und Vertrauen auf eigene Kraft. Unser Heimatdichter Werner Heinen läßt uns am  Schlusse seines Gedichtes 'Die alte Sturmglocke von Oberpleis' durch die Glocke mahnen:"

"Nun darf ruhen ich und rasten,
Ich erfüllte die Bestimmung:
Rief das Volk in Sturmesbrausen
Auf zur edlen Selbstbestimmung.

Reife, Volk! In harter Arbeit
Sollst von neuem du erstarken.
Einigkeit und Friede werde
Deinen blühenden Gemarken."

Bild von 1959
Text und Bildbearbeitung: Willi Joliet, Franz Bellinghausen
Quelle: Greven`s Adreßbuch 1959/60
Zur Verfügung gestellt von Heinz Wolter
Marker Die Sturmglocke von Oberpleis (Gedicht von Werner Heinen) - Marker Kriegerehrenmal in Oberpleis

Raum: Ortsgeschichte Vitrine: Amt Oberpleis
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