Schriften zum virtuellen Museum

Die Wahlfelder Mühle

Die Mühle zu Wahlfeld gehörte seit alters her zu den Besitzungen der Herren von Niederbach. Der Rittersitz Niederbach zu Oberpleis wird 1390 erstmals urkundlich erwähnt, dürfte aber um vieles älter sein. Das Haus Niederbach hatte viele Rechte im Kirchspiel Oberpleis, das Recht zur Jagd auf der rechten Seite des Pleisbachs und auf große Teile des Zehnten in diesem Gebiet, das Recht zum Fischfang in allen Bächen der Gemeinde und das Recht auf eine Grabstelle in der Kirche. Mit dem Zehntrecht waren aber auch Reperatur- und Bauleistungen an der Kirche verbunden. Viele Rechte sind im Lauf der Jahrhunderte geschmälert worden oder verloren gegangen. Das kam auch deshalb, weil keiner der Besitzer von Niederbach in den letzten dreihundert Jahren dort gewohnt hat. Reste des Zehntrechts, der Höhner- und der Richenbrucher Zehnt wurden erst 1852 abgelöst. Damit endeten für das Haus Niederbach auch die Baupflichten an der Pfarrkirche.

Zu einem Rittersitz gehört immer ein Wirtschaftshof, und wenn große Ländereien dazugehörten, auch eine Mühle. Die Mühle war verpachtet, und für die kleinen Pächter der Ländereien war die Mühle eine Zwangsmühle. Die Obrigkeit von “anno dazumal” wusste auch schon, wie sie an Geld kam.

Der Rittersitz Niederbach hat im Mittelalter mit allen dazugehörenden Besitzungen und Gerechtigkeiten mehrere Male den Besitzer gewechselt. Einzelne Teile wie die Mühle sind dabei nicht genannt worden. Erst als Wilhelm von Hilleshein, Amtmann zu Windeck, 1636 den Besitz an sich brachte, und als wenige Jahre später Bertram von Anß, Propst von Oberpleis für die Propstei das neue Wald- und das Lagerbuch anlegte, werden der Müller zu Wahlfeld und der Halfe zu Niederbach auch schriftlich erwähnt, meist allerdings nur mit den Vornamen oder als “der Müller”. Dem Haus Niederbach standen 1651 von der Oberpleiser Mark, das ist der Wald zwischen Pleis- und Hanfbachtal, vier Anteile zur Holz und Weidenutzung zu. Ein Anteil davon wurde an die Mühle zu Wahlfeld weitergegeben. Im Zehntbuch der Propstei ab 1709 wird der Müller Wilhelm Elfenig namentlich beim Flachs- und Rübsamenzehnt genannt. Zudem war er wegen seiner Landwirtschaft am großen Wahlfelder Zehnt beteiligt, welcher in Getreide abgeliefert wurde.

1715 hieß der Wahlfelder Müller Wilhelm Elfenig, seine Ehefrau Maria Michels. Er war auch Scabinus, Gemeindeschöffe, und starb 1736. Sein Sohn heiratete 1727 Elisabeth Hochstätter, gebürtig aus Boseroth. Ihre ersten Kinder sind in Ruttscheid geboren worden, vermutlich betrieben sie dort die Ölmühle. 1737, als der Vater verstorben war, sind sie in der Mühle zu Wahlfeld. Die Müller zu Wahlfeld waren immer angesehen, auch der Sohn war Schöffe in der Honschaft Wahlfeld. Vermutlich war er krank; er starb am 15. Jan. 1742, kaum 40 Jahre alt. Wegen der Krankheit des Müllers kam um 1738 sein Schwager Peter Schwarz aus der Mühle zu Freckwinkel in die Wahlfelder Mühle. Nach dem Tod des Müllers Elfenich heiratete seine Witwe ein halbes Jahr später Wilhelm Bröl aus Buchholz. Nun lebten zwei Familien in der Wahlfelder Mühle. Einzelheiten vom Leben in der Mühle oder Pachtverträge aus dieser Zeit sind nicht überliefert.

1741 hieß der Müller zu Wahlfeld wieder Wilhelm Elfenig. Er war Sohn und Enkel der beiden vorher Genannten. Aus einer angesehenen Familie stammend heiratete er am 24. Januar 1761 Anna Catharina Bellinghausen, die Tochter des Halfmanns vom Bellinghauserhof. Zwei Kinder gingen aus der Ehe hervor, die Tochter A. Elisabeth heiratete in zweiter Ehe den Ölmüller Joh. Lichtenberg aus Quirrenbach, aber deren Sohn Wilhelm starb schon im alter von vierzehn Jahren. Wilhelm Elfenich, der Vater, war noch nicht 42 Jahre alt, als er 1773 starb. Wie sein Vater und Großvater war auch er Gemeindeschöffe, zudem war er einige Jahre Kirchmeister, er führte die Kirchenkasse. Um die Mühle als Pachtgut ihrer Familie zu erhalten und wegen ihrer kleinen Kinder heiratete A. Cath. Bellinghausen zwei Monate nach dem Tod ihres Mannes Wilhelm Dresen vom Kringshof zu Wahlfeld. Er war dreizehn Jahre jünger als sie.

Die Wahlfelder Mühle war sehr alt. Wie sie vor 1785 ausgesehen hat, ist nicht überliefert. Sie wurde mit dem Wasser aus dem Lützbach angetrieben. Auf alten Karten besteht die Anlage aus drei Gebäuden. Mitten durch den Hof führte der Weg von Niederbach nach Wahlfeld. Vermutlich handelt es sich bei der Wahlfelder Mühle um die Mühle des Johann von Ossendorf, der mit dem Propst von Oberpleis 1417 im Streit war, weil der Probst mit seiner oberhalb gelegenen Mühle (Weilerhof) der unteren, am gleichen Bach liegenden Mühle, das Wasser vorenthielt.

Im Jahre 1787 war die Mühle zu Wahlfeld in einem so schlechten Zustand, dass die Erben des Grafen Wilhelm von Hillesheim, die beiden Schwestern Anna Elisabeth Auguste, Gräfin von Spee, geb. von Hillesheim, und Charlotte Elisabeth Regina, Gräfin von Hillesheim, mit ihrem Erbbeständler Wilhelm Dresen und seiner Hausfrau Anna Catharina Bellinghausen den Neubau der Mühle zu Wahlfeld vertraglich vereinbarten.

1.Die Pächter müssen die verfallene Mühle von Grund auf wieder aufbauen.
2.Die Pächter stellen eine Caution von 100 Thalern.
3.Die Pächter zahlen jährlich an Pacht 25 Thaler auf die Rentey zu Arendahl.
4.Geben die Schwestern Gräfinnen unentgeltlich das Bauholz zum Wiederaufbau der verfallenen Mühle.
5.Erhalten die Pächter von der Rentey zu Arendahl 200 Thaler zum Wiederaufbau der Mühle, wovon 100 Thaler einbehalten werden, und erst nach Fertigstellung und Besichtigung, wenn die Mühl meisterhaft hingestellt, auszahlt werden.
6.Sollten die jetzigen und künftigen Erbbeständler mit der Pacht länger als drei Jahre im Rückstand sein, so ist die Erpachtung erloschen, und fällt die Mühle mit allen Zubehörungen und Vergütung an uns zurück.
7.Ist nach dem Ableben eines Erbbeständlers die unverweilte Anzeige an die Rentey zu machen, und die Ausfertigung gegenwärtiger Erbbestandsurkunde nachzusuchen, welche gegen Erlag einer halben Carolin ausgefertigt wird.
8.Wird den besagten Erbbeständlern das in der alten Mühle befindliche Mühlengeschirr, nicht aber die alte Gebäulichkeit selbsten überlassen.
Zum Abschluß und zur Unterschrift des Vertrags reiste Wilhelm Dresen zur Verwaltung des von Hillesheimer Besitzes in die Rentey zu Schloß Arendahl, wo er am 20. August 1787 den Vertrag unterschrieb.

Wilhelm Dresen konnte lesen und schreiben. Er stammte aus einem kleinen Gutshof in Wahlfeld, und hatte, weil die Eltern es sich leisten konnten, die nur in den Wintermonaten bestehende Schule in Oberpleis besucht. Von der Schule ist bisher nichts bekannt gewesen. Sie wird in den alten Kirchenrechnungen auf der Einnahmeseite verbucht. Das Schulhaus lag neben der Pastorat. Die Bewohner, das war vier Generationen lang die Familie der Küster- und Offermanns-Dynastie Stricker, mussten einen Betrag an die Kirchenkasse zahlen. Nach dem Rentbuch von 1725 zahlte Bernard Stricker 3 Albus jährlich. Er starb 1737, Beruf Schulmeister und Küster.

Der Müller Dresen lebte mit seiner Frau und drei Kindern, drei andere waren schon verstorben, in der neu erbauten Mühle zu Wahlfeld. Er war 44 Jahre alt, als er 1797 von Christian Steinringer das Amt des Kirchmeisters übernahm und damit die Kirchenkasse führte, mit Buch und Belegen über Ein- und Ausgaben. Von Chr. Steinringer hatte er ein Guthaben von gut 30 Thalern übernommen. Sechs Jahre verwaltete Dresen die Kasse, der Kassenbestand war auf 383 Thaler und 54 Stüber angewachsen. Er hatte also gut gewirtschaftet. Als er aber das Geld 1803 an seinen Nachfolger, den früheren Prior der Propstei, Alexander von Steinmüller übergeben sollte, war die Kasse leer, das Geld war weg. Wilhelm Dresen geriet mächtig unter Druck von kirchlicher und auch von weltlicher Seite. Er sprach von einem Einbruch und Überfall, von Leuten, die von dem Geld wussten. Ihm selbst konnte man aber nichts nachweisen. Wegen seines guten Rufes versprach er die verschwundene Summe Geldes in Raten zurückzuzahlen. Die Sache wurde nie aufgeklärt. Nach den Aufzeichnungen seines Nachfolgers hat er in den vier Jahren bis 1807 insgesamt 183 Thl. und 44 Stb. in Raten abbezahlt. Dann erfolgten keine Zahlungen mehr von Dresen an die Kirche. Vermutlich florierte die Mühle nicht mehr, sein guter Ruf hatte gelitten. Am 30. März 1810 starb Wilhelm Dresen, er wurde 57 Jahre alt.

Als Wilhelm Dresen starb lebten noch zwei erwachsene Söhne in der Mühle. Die Hauswirtschaft wurde von einer Magd besorgt. Vermutlich sind die Bewohner der Mühle wegen der Geschichte mit dem verschwundenen Geld arm geworden. Der Älteste, Bernard Dresen, heiratete 1813 im Alter von 38 Jahren Anna Catharina Weber, die Magd aus der Mühle, gebürtig aus Wahlfeld. Als er schon fünf Jahre später, am 3. März 1818, starb, hinterließ er seine Frau und zwei kleine Kinder. Er starb an einem “hitzigen Fieber”, vermutl. Lungenentzündung. Die Müller Dresen, Vater und Sohn, hatten trotz allen Ungemachs immer die Pacht für die Mühle und die Ländereien an den Pachtherrn Franz Graf von Spee bezahlt. Und bisher hatte eine Witwe aus der Wahlfelder Mühle auch noch immer einen Ehemann
gefunden.

Ein Jahr später heiratete Anna Cath. Weber, Ww. Dresen, den Peter Fuchs, geboren in der Bennauer Mühle in der Pfarre Asbach. Einige Jahre vor seiner Heirat hatte er sein häusliches Erbe verkauft, versteigern lassen, um sich eine eigene Existens zu schaffen. Das Erbteil brachte ihm über 630 Thaler ein. Einen Teil steckte er in die Mühle (oder waren doch Schulden vorhanden?). Peter Fuchs betrieb die Mühle und die kleine Landwirtschaft. Aber die Verhältnisse besserten sich nicht, zu dem war er krank. Mit seiner Frau hatte er zwei Kinder. Als er 1822 (an Schwindsucht) starb, war er 40 Jahre alt und gerade erst fünf Jahre verheiratet.

Anna Catharina Weber fand noch einen dritten Ehemann, Wilhelm Baleniefen aus einer Müllerfamilie in der Lanzenbach im Hanftal. Die Heirat war am 25. Nov. 1823 in Oberpleis.
 
Auf Antrag der Frau und mit Einwilligung des neuen Ehemanns fand eine Woche später in der Wahlfelder Mühle eine Schätzung der Mobilien statt, zur Sicherstellung des Erbes der unmündigen Kinder, eventuell auch zur Abwehr von weiteren Pfändungen. Zu der Aufnahme der gesetzlichen Inventur in der Mühle zu Wahlfeld vor dem Notar Carl von Proff aus Eitorf waren die Eheleute Balensiefen, mehrere Zeugen, und die Vormünder der minderjährigen Kinder aus den beiden ersten Ehen der Ehefrau anwesend und als Schätzer Peter Dresen, Weißgerber aus Oberpleis. Dieser war ein Onkel des ersten Ehemanns von A. Catharina Weber. Zunächst wurden die Personalien der Anwesenden festgestellt, wobei Sebastian Fuchs die Vormundschaft über die minderjährige Magdalena Fuchs ablehnte.

Um sich über die Verhältnisse in der Mühle ein Bild zu machen, ist die Urkunde teilweise wörtlich wiedergegeben:
 

Erstens ein Stubenofen, Wert

5 Thl.

2)

sechs hohe Stühle, per Stuhl 5 Silbergr.

3 Thl.

3)

noch drey dito zu acht Silbergroschen, macht

20

 4 Silbergr.

4)

zwey Spinnräder, zusammen

3 Thl,

                                                  die Haspel

 3 Silbergr.

5)

eine Hausuhr von Holz,

2 Thl.

6)

ein eichener Tisch in der Stuben

1 Thl.

15 Silbergr.,

           noch ein Tisch oben in der Stube,        

1 Thaler,

           noch ein Kleinerer,

15 Silbergr.,

7)

eine Kiste von Tannenholz,

I Thl.

8)

eine Bank mit Lehnen in der Stube,

13 Silbergr.,

9)

eine Hobelbank mit Schraubstock,

 8 Silbergr.,

10)

eine Kirschbaum Bettlade, drey Thl., ein Kleiderschrank

von Eichenholz drey Thaler, ein Eckschrank oben

auf der Stube, von Eichenholz       

6 Thl

11)

ein Stubenöfgen, daß auf der oberen Kammer steht,

2 Thl

12)

zwei Spiegel

16 Silbergr.

13)

zwey kupferne Kaffee Ritt,

3 Thl.,

14)

Caffee Serviegen, Salz und Pfefferbüchs,

  7 Silbergr.

15)

sechs zinnerne Teller, zwey dito Schüsselen,

dito ein Suppenlöffel,

3 Thl.,

  5 Silbergr.

16)

zwey kupferne Löffel, zwey eiserne Pfannen, 

20 Thl.

  5 Silbergr.

17)

zwey kupferne und zwey blecherne Deckelen, 

und eine alte Milchseye,

 6 Silbergr.

18)

zwey eiserne Töpfe und ein Kesselgen,

1 Thl.  

16 Silbergr.

19)

eine Wasserbütt und drei Eimer,

21 Silbergr.

20)

eine Seye und ein Kesselgen von Kupfer,

1 Thl.      

 9 Silbergr.

21)

eine Sprüze und Milcheimer von Blech,

 20 Silbergr.

22)

die eiserne Hehle und eiserner Dreyfuß, ein dito Rostiger

und eine eiserne Hand                                

2 Thl.

   5 Silbergr.

23)

ein eingemauerter eiserner Kessel,

1 Thl.   

 12 Silbergr.

24)

ein Schüsselbrett, mit zwey schlechten Schränken aneinander,

und verschiedene irdene Schüsseln

1 Thl.   

  8 Silbergr.

25)

ein Hackbrett eine Achse, ein Beil, Heckenflicker,   

1 Thl.   

  7 Groschen

26)

eine Wiege,

  7 Groschen

27)

ein altes Cluhsrohr. eine Kaascht, eine Feuerschüppe,

 10 Silbergr.

28)

vier Hobel. zwey Bohrer, ein Handbeil. ein Draubohrer,    

 1 Thl.      

   7 Groschen

29)

eine Waage,

 2 Thl.    

   4 Groschen

30)

eine Winde,

 5 Thl.    

   7 Groschen

31)

ein schwerer Hammer, vier Zwigen, ein Sticheisen,   

 1 Thl.    

 9 Groschen

32)

eine große und eine kleine Molterkiste,

 1 Thl.   

20 Groschen

33)

zwey Wannen, ein Viertel, ein Sester, ein Molterdüsgen,

 1 Thl.  

15 Groschen

34)

zwey Körfte, eine alte Schaufel, eine alte Stechschüppe,      

15 Groschen

35)

sechs hölzerne Kistelen,

 6 Groschen

36)

ein Backtrog, eine Schnitzelbank. sambt Messer,

13 Groschen

37)

Milchtöpf und Gebrassel,

15 Groschen

38)

eine Kuhe,

10 Thl.

39)

ein Pferdchen zum Sacktragen,

 5 Thl.  

 15 Silbergr.

40)

vier Hühner und ein Hahn,

 1 Thl.  

 15 Silbergr.

41)

ein Brecheisen, fünfzehn Groschen, ein alter Pflug, sambt Zubehör

 2 Thl.  

15 Groschen

42)

zwey komplette Bettungen Strohsäcke, mit sechs

leinen Tüchern von wirken, zwey Schürzen,

  3 Thl.,

43)

ein halb dutzend Tischtücher,      

 1 Thl.,

44)

Nichts mehr.



Endlich erklärte die Hauptrequirentin, daß ihr verlebter Ehegatte Fuchs so gehörter maßen aus dem königlichen Amte Asbach gebürtig, seine daselbst gelegenen Güther und Geraide veräußert, und davon an die hundert an die zwanzig Thaler ausstünden, worüber sie aber keine genaue Kunde ertheilen könne, es hätten in der Erff keine Güther Erringungen stattgefunden. Der verlebte Ehegatte hätte auf die Mühle einiges zahlt, welches im ersten Inventar enthalten
sein soll. Da bei der Mühle keine eigentümliche Ländereien, und die Molterfrucht kaum hinreiche, die täglichen Bedürfnisse zu bestreiten, so hat davon in dieser Inventur nichts aufgenommen werden können. Es wird ebenfalls bemerket, das aus der aufgelösten Ehe keine Schulden vorhanden sind. An Papier und so Aufgeschriebenes ist wenig aufgefunden worden.
Hierauf ist diese in Gegenwart sämtlicher angeführter Theile, und den mir ebenfalls bekannten Zeugen, dem Herren Peter Fröhlich, Rotgerber zu Niederbach, dem Herrn Peter Wirkhäuser, Halbwinner zum 13önnschenhoff zu Wahlfeld, dann dem Ackerer Johann Lichtenberg zu Wahlfeld, als Gegenvormund der Agnes Dresen, erste Ehetochter der Requirentin, endlich dem hinzugezogenen Texator Peter Dresen, Weißgerber aus Oberpleis, gehörig vorgelesen worden.
Hierauf haben sämtliche Interessenten, Texator und Zeugen, mit mir Notar unterzeichnet, nur die Wittwe Peter Fuchs und Hauptvormünderin, nun Ehefrau von Wilhelm Balensiefen, erklärte ihre schreibens Unkunde, hat dahero mit ihrem Handzeichen unterzeichnet.
Also beschloßen auf der Wahlfelder Mühle, Samtgemeinde Oberpleis, Kanton Hennef; am fünften     Dezember achtzehnhundert zwanzig drei, und ist die Urschrift auf einem Stempelbogen zu fünfzehn Silbergroschen zum Repertoris zurückbehalten worden.
  Handzeichen der Anna Catharina WeberX
  gezeichnet: Wilhelm Balensiefen. 
  gezeichnet: Johannes Lichtenberg,
  gezeichnet: Peter Dresen,
  gezeichnet: Peter Fröhlich,
              gezeichnet: Peter Wirkhäuser,
              gezeichnet: Carl von Proff, Notar.

Anna Catharina Weber, nun zum dritten mal verheiratet, ist vermutlich von ihren Eltern schon als junges Mädchen in die Wahlfelder Mühle “in Dienst getan worden” .Die Verhältnisse auf der Mühle wird sie von Kind an mitbekommen haben. Bei ihrer ersten Heirat beschreibt der Pastor sie als lebhaft und energisch. Zuerst als Magd, dann als Ehefrau in drei Ehen hat sie ihren Teil dazu beigetragen, dass die Mühle lief und ihrer Familie erhalten blieb.

Ihr dritter Ehemann Wilhelm Balensiefen war neun Jahre jünger als sie. Als gelernter Müller wurde er als neuer Pächter und Erbbeständler von der Verwaltung in Düsseldorf anerkannt. Einige Jahre später, wurde die Öconomie, der kleine Wirtschaftshof zu Haus Niederbach wegen schlechten Zustands der Gebäude aufgelöst, und die Gebäude wurden abgebrochen. Die Mühle zu Wahlfeld aber wurde, weil sie erst einige Jahrzehnte alt war, dem Pächter-Ehepaar Balensiefen zum Kauf angeboten. Balensiefens nahmen das Angebot an.

Am 20. Nov. 1826 überließ Graf von Spee vor dem Notar Coninx zu Düsseldorf die Wahlfelder Mühle seinem Erbbeständler Wilhelm Balensiefen für eine Summe von 480 Thaler zum Eigentum. Die Zahlung war zu leisten in harten Thl. preußisch Courant, “ohne alle Anwendung von Parpiergeld und sonstigen Repräsationszeichen”, in zwei jährlich gleichen Summen.

Das war viel Geld und in zwei gleichen Summen, das hat auch nicht ganz geklappt; aber sechs Jahre später war die Mühle Eigentum. Der älteste Sohn Wilhelm Anton Balensiefen übernahm nach seiner Heirat 1845 mit Gertrud Bennerscheid die Mühle mit der um einiges größer gewordenen Landwirtschaft. Seine Frau starb schon 1853. Im gleichen Jahr noch heiratete er Helene Gast aus Boseroth. Anton Balensiefen starb schon 1865, nur 41 Jahre alt. Die Ww. ging noch eine zweite Ehe ein, auch wegen der kleinen Kinder. Sie heiratete Heinrich Becker aus Rauschendorf, der auch bei der Protestaktion der Müller gegen die neue Mühlensteuer als Besitzer der Wahlfelder Mühle genannt wird. Nachfolger wurde Heinrich Balensiefen, er war mit Catharina Broich aus Knippgierscheid verheiratet. Um diese Zeit ist auch ein Teil der Nebengebäude in Ziegelstein neu erbaut worden. In früheren Jahren führte ein Weg von Niederbach nach Wahlfeld durch den Hof der Mühle. Nach dem Bau der Siegburger Straße in den Jahren 1860-63 verlief die Straße oberhalb von Kluhs und Mühle.

Heinrich Balensiefen erweiterte um 1895 seinen Mahlbetrieb und die Landwirtschaft noch um
einen Handel mit Mühlen- und landwirtschaftlichen Produkten. Mit dem Handel hatte er allerdings kein Glück, er war zu wenig Kaufmann. Anscheinend hatte er sich zuviel Geld von privaten Geldverleihern geborgt, denen er zuletzt die Zinsen nicht mehr zahlen konnte. 1908 sollte die Mühle mit allem Zubehör zwangsverkauft werden. Der Verwalter Bennerscheid der hiesigen von Speeschen Besitzungen hatte darüber nach Düsseldorf berichtet. Als der Verkauf anstand, konnte Graf von Spee die Wahlfelder Mühle wieder an sich bringen, und die Familie Balensiefen konnte als Pächter wohnen bleiben. Die von Speesche Verwaltung ließ dann auch noch vor dem ersten Weltkrieg ein neues Stallgebäude errichten.

Am 11. August 1924 stellten die Eheleute Balensiefen als Pächter der Wahlfelder Mühle einen Antrag auf die Sicherstellung des Wasserrechts für Wasser, Wehr, Mühlengraben und Teich einschließlich Abfluß des Wassers nach Gebrauch in den Pleisbach. Als Ende der zwanziger Jahre die Graf von Speesche Verwaltung sich als Vertreter des Inhabers der Fischereigerechtsame in den hiesigen Gewässern über die Vereinigten Stahlwerke zu Essen, Betreiber der Tongruben in der Lütz, beschwerte, weil sie das tonhaltige Wasser aus der Grube in den Lützbach abpumpten, beschwerte sich auch Peter Balensiefen als Pächter der Mühle, weil dadurch der Mühlengraben und der Mühlenteich verschlammen würden.

Nach dem letzten Krieg wurden die beschädigten landwirtschaftlich genutzten Nebengebäude des Hofes wieder aufgebaut. Aber auch die Verhältnisse im Wohnhaus waren schlecht und nicht mehr zeitgemäß. Ein Neubau wurde von der Verwaltung aber aufgeschoben.

Peter Balensiefen war der letzte Müller. Anfang der fünfziger Jahre wurde der Mahlbetrieb eingestellt und nur noch Landwirtschaft betrieben. Nach dem frühen Tod von Alfred Rübenkamp, einem Schwiegersohn Balensiefens, wurde auch die Landwirtschaft aufgegeben und der gepachtete Hof an Graf von Spee zurückgegeben. Dieser verkaufte dann seinen gesamten Besitz zwischen Siegburger Strasse und der Umgehungsstraße mitsamt der Wahlfelder Mühle an die Stadt Köngswinter. Nach dem Abriss der Gebäude entstand dort das Gewerbegebiet Wahlfeld. Eine Straßenbezeichnung erinnert noch an die Wahlfelder Mühle.

Und hier noch die lange Liste der Müllerfamilien der letzten 250 Jahre zu Wahlfeld.
Die Mühle blieb immer in der Familie, auch ein Zeichen eines guten Verhältnisses zwischen Verpächter und Pächter:

WilhElfenig.

* um 1675,

+1736,

etwa 61 Jahre alt.

   ∞ um 1700 Maria Michels,

Wilhelm Elfenig,

* um 1704,

+1742,

38 Jahre,

   ∞ 1728 Elisabeth Hochstäner,

Peter Schwarz,

*1692,

+1760, 

67 Jahre,

   ∞ 1732 Christine Hochstätter,

Wilhelm Bröl,

* um 1710,

+1782,

72 Jahre,

   ∞ 1742 Ww. Elisabeth Hochstätter,

Wilhelm Elfenig,

*1731,

+1773,

42 Jahre,

   ∞ 1761] Anna Cath. Bellinghausen,

Wilhelm Dresen,

*1752,

+1810,

58 Jahre,

∞ 1773 Ww. Anna Cath.Bellinghausen,

Bernard Dresen,

*1775,

+1818,

43 Jahre,

   ∞ 1813 Anna Cath. Weber,

Peter Fuchs

*1779,

+1822,

43 Jahre,

   ∞ 1819 Ww. Anna Cath. Weber,

Wilhelm Balensiefen,

*1797,

   ∞ 1823 Ww. Anna Cath. Weber,

Wilhelm Anton Balensiefen,

*1824,

   ∞ 1845 Gertrud Bennerscheid,

Ww. Wilh. Anton Balensiefen,

*1824,

+1865,

41 Jahre,

   ∞1853 Helene Gast,

Heinrich Becker, aus Rauschendorf,

+1890,

   ∞ 1865 Ww. Helene Gast,

Heinrich Balensiefen,

*1857,

+1929,

72 Jahre,

   ∞1885Catharina          Broich,Knippgierscheid,

Peter Balensiefen,

*1886,

+1966,

80 Jahre alt.

   ∞ 1923 Helene Lämmchen.


Dank des großen, heimatkundlichen Interesses von Johann Bennerscheid von Eisbach, dem Verwalter der Oberpleiser Besitzungen der Grafen von Spee zu Düsseldorf-Heltau, und Dank seiner verwandtschaftlichen Beziehung zur Mühle in Wahlfeld sind einige Unterlagen die Mühle betreffend erhalten geblieben. Darum konnte dieser Bericht etwas ausführlicher gestaltet werden.