Die Rörichs-Mühle zu Uthweiler
Die Mühle zu Uthweiler nannte man nach den letzten Besitzern. Vor 1900 ist sie von Heinrich Rörig gekauft worden. 1800 stand die Mühle schon. Vielleicht gab es vorher auch schon eine, darüber ist nur nichts überliefert; aber jetzt von Anfang an:
Uthweiler wird schon um 910 in den ältesten Akten des Bonner Stiftes St. Cassius und Florentius neben Rauschendorf und Pleis als “Utwilere” genannt. Im Jahre 1312 besaß der Freiherr Gerhard vom Stein, dessen Ehefrau eine Tochter von der Löwenburg war, in Uthweiler zwei Freihöfe, Höfe ohne Abgaben an den Landesherren. Dafür mussten sie in Kriegszeiten mit Roß und Reiter dienen. Durch Erbe waren beide Pachthöfe 1570 im Besitz des Herrn von Nesselrod zum Stein (Herrenstein im Bröltal). Zu so großem Besitz zwischen Jüngsfeld und Niederbuchholz gehörte eigentlich auch eine Mühle, die von den Pächtern mitbetrieben wird. Leider ist darüber nichts überliefert. Vor dem dreißigjährigen Krieg waren die Freihöfe zu Uthweiler im Besitz des Herrn Volmar von Scheidt, gen. Weschpfennig zu Elsfeld. Beide Höfe mussten für die Pferde des Landesherren Futterhafer abliefern. Vor 1650 starb Volmar von Scheidt zu Elsfeld. Erbe des Rittergutes Elsfeld mit der Mühle zu Freckwinkel und dem freien Hof zu Uthweiler war sein Bruder Engelbert von Scheidt zu Rott. Demnach ist einer der Uthweiler Höfe im dreißigjährigen Krieg untergegangen; wenn eine Mühle dazu gehörte, diese auch. Elsfeld hatte seit Jahrhunderten seine Mühle in Freckwinkel. Am Neubau einer zerstörten Mühle in Uthweiler hatte Elsfeld kein Interesse. In einer Erhebung des Herzogs von Berg gegen Ende des dreißigjährigen Krieges zogen vom Hof zu Elsfeld noch drei Pferde zu Acker, vom freien Hof zu Uthweiler nur noch eines.
Der Uthweiler Hof wird in den “Geschäftsbüchern” der Propstei Oberpleis oft erwähnt. Es sind dies ein Wald- und ein Lagerbuch von 1641 und ein Zehntbuch mit den Abgaben von 1709 bis 1722. Im Waldbuch sind die Nutzungsrechte (die sogenannten Markerben) der Haus- und Hofbesitzer an der Mark festgehalten. Mit der Mark ist der Pleiser Wald gemeint. Elsfeld hatte vier Anteile, davon gab es ein Markerb an seinen Hof zu Uthweiler, zur Nutzung von Holz und Futter aus dem Wald.
Der neue Pächter oder Halfe des Uthweiler Hofes hieß 1710 Johann. Familiennamen gab es noch nicht überall. Einer seiner Söhne hieß Antonius, mit dem Zusatz “Halfensohn”. Zeit-weise war er Hofbote des Propstes von Oberpleis. Seine Nachkommen führten den Familiennamen Halfen. Im Zehntbuch ist der Uthweiler Hof beim Brach-, Flachs- und Rübsamenzehnt genannt. Er war natürlich auch am Uthweiler Zehnten beteiligt, der für das Dorf galt und in Getreide abgeführt werden musste. Im Jahre 1718 betrug der Uthweiler Zehnt 10 1/2 Malter Roggen, etwa 22 Zentner.
1730 bis 1740 war Anton Meiß Pächter auf dem Hof zu Uthweiler; er übernahm dann die Mühle zu Freckwinkel. 1740 war Adolf Laufenberg auf dem Hof. Er war 1700 auf dem Hof des Klosters Bödingen in Scheuren geboren, heute der Weylershof. Als er 1770 starb hatte er keine Erben, zwei seiner Söhne waren im Jünglingsalter vor ihm gestorben.
Im Jahre 1782 war Joh. Köchner als Villicus-Halfmann auf dem Uthweiler Hof. Er stammte von einem größeren Anwesen im Stieldorfer Uthweiler, wo nach seiner Heirat mit A. Maria Klein aus Birlinghoven auch die ersten fünf Kinder zur Welt kamen. Weitere fünf Kinder kamen auf dem Uthweiler Hof dazu, die dann aber in Oberpleis getauft wurden. Den Uthweiler Hof darf man dort vermuten, wo später die Bäßgens/Rörigs Wirtschaft war. Die Köchners haben den Uthweiler Hof schon vor 1800 von den Erben des Rittersitzes Elsfeld gekauft. Viele Familien des niederen Landadels waren genötigt, Teile ihres Besitzes zu verkaufen, um den von Frankreich übernommenen aufwendigen Lebensstil mitmachen zu können. Die Erben zu Elsfeld gehörten auch dazu.
Der älteste Sohn Heinrich Köchner war mit Anna Christina Bröl aus Kurscheid verheiratet. Vor 1798 erbaute er in der Nähe des elterlichen Hofes ein Wohnhaus mit einer Ölmühle. Für die Kirche lieferte er auch Lampenöl, ebenso Leinöl zum Anstrich der Schränke in der Sakristei, als die alte Propsteikirche 1805-08 renoviert wurde. Vor 1830 erweiterte er die Ölmühle um eine Mahlmühle. 1831 protestierte er mit den anderen Müllern gegen die Höhe der Gewerbesteuer. Sie argumentierten, wegen der großen Anzahl der Mühlen gäbe es nur wenig zu mahlen, und wegen häufigen Wassermangels in den Sommermonaten würde die Mühle sowieso längere Zeit stillstehen. Der neue Gewerbesteuersatz für die Uthweiler Mühle betrug jetzt sechs Thaler für den Mahlgang und zusätzlich zwei Thaler für die Ölmühle. 1834 heiratete Heinrich Köchner ein drittes Mal und zwar die Anna Kath. Schonauer, Ww. des verstorbenen Müllers Röttgen aus Oberpleis. Er überließ die Uthweiler Mühle seinem Sohn Wilhelm. Heinrich Köchner zog mit seiner Frau und deren Sohn in die Ölmühle seines verstorbenen Bruders in Weiler.
Die Mühle mit der Landwirtschaft in Uthweiler wurde von Joh. Wilh. Köchner weitergeführt. Auch er protestierte 1871, genau wie der Vater und auch mit den selben Gründen, gegen die neu eingeführte Mühlensteuer. Die Söhne Peter und Michael Köchner übernahmen von den Eltern die Mühle. Peter blieb unverheiratet, Michael Köchner heiratete 1879 A. Katharina Hermes vom Keth (Ruttscheid). Die Ehe blieb kinderlos. Zur Zeit der Brüder ist die Landwirtschaft vergrößert worden, und die heute noch stehenden Nebengebäude wurden errichtet.
Die Brüder Köchner verpachteten 1898/99 die Uthweiler Mühle an Heinrich und Peter Josef Rörig aus Ingersauel. Heinrich Rörig war verheiratet mit Kath. Sens aus Blankenbach. Weil die junge Frau nicht so weit von ihrem Elternhaus wegziehen wollte, hatten die Rörigs die Uthweiler Mühle angepachtet. In bisher gewohnter Weise betrieb die Familie Rörig die Mühle und die Landwirtschaft. Als Neuerung wurden die alten hölzernen Achsen und Kammräder durch solche aus Eisen ersetzt. Als die Besitzer der Mühle, Peter und Michael Köchner 1917 kurz hintereinander verstarben, konnte die Familie Rörig die Mühle erwerben. Der Kaufpreis betrug 36500 RM. Als sich die zahlreichen Erben 1919 das Erbe teilten, hatte sich die Verkaufssumme durch aufgelaufene Zinsen schon auf 38370 RM erhöht (Teilschein der Fam. Köchner vom 20.05.1919). 1941 ließen sich die Eheleute Rörig durch eine Sicherstellungs-Urkunde das Wasserrecht bestätigen. Der Wert des Wasserrechtes wurde auf 2000 RM festgesetzt.
Nach dem letzten Krieg wurden in der Uthweiler Mühle auch Bucheckern gegen Öl getauscht. Von den Söhnen heiratete Schäng nach Bockeroth und Josef die Segschneiders Tochter aus der frühern Bäßgens-Wirtschaft von gegenüber. Peter Rörig blieb Müller und heiratete eine Tochter aus der Familie Schönenborn. Anfang der fünfziger Jahre wurde noch ein Wohnhaus an die Mühle angebaut. Durch die Anschaffung verschiedener elektrisch betriebener Kleinmühlen wurden die Erzeugnisse vielfältiger. Peter Rörig hat noch bis Anfang der siebziger Jahre seine Mühle betrieben. Er ließ alles beim Alten. Als er starb, hätte ein Nachfolger gleich weiterarbeiten können. Aber aus Versorgungsgründen für noch lebende Familienmitglieder wurde das Fachwerkhaus mit der Mühle und den landwirtschaftlichen Nebengebäuden verkauft. In dem großen Anwesen ist heute ein Pferdefahrbetrieb für Kutsch- und Planwagenfahrten. Der neue Besitzer hat in der alten Mühle eine Gaststätte eingerichtet, in welcher der Mahlgang und ein großer Mühlstein als Tisch erhalten geblieben sind. Neben allerlei Kleingerät ist auch noch ein alter Walzenstuhl ausgestellt. Durch ein großes Glasfenster sieht man das Wasserrad; manchmal dreht es sich auch noch, aber elektrisch.
Die Rörigs-Mühle ist die jüngste Mühle in der Gemeinde. Sie wird wohl dem Dorf erhalten bleiben, wenn auch anders genutzt.
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